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Abgrenzung Drittverbrauch im Rahmen der EEG-Umlage: Gesetzesänderung durch Energiesammelgesetz rückwirkend zum 01. Januar 2018

Am 14. Dezember hat das Energiesammelgesetz den Bundesrat passiert. Darin enthalten ist mit dem § 62b EEG eine Neuregelung zur Abgrenzung von Drittver­bräuchen im Rahmen der EEG-Umlage, die rückwirkend zum 01. Januar 2018 in Kraft tritt. Alle Antragsteller zur Besonderen Ausgleichsregelung haben bereits einen Brief vom BAFA zu diesem Thema für den aktuellen Antrag bekommen und müssen sehr kurzfristig reagieren. Aber auch für alle Eigenversorgungskonstellationen gilt: Es besteht dringender Handlungsbedarf, um möglichst schnell eine gesetzeskonforme Abgrenzung der Drittmengen sicherzustellen. Für die Vergangenheit und Gegenwart muss geprüft werden, ob durch die Übergangsregelungen vorhandene Lücken in der Abgrenzung geheilt und so hohe Nachzahlungen vermieden werden können.

Grundsatz: Abgrenzung durch eichrechtskonforme Messungen

Grundsätzlich müssen nach § 62b Abs. 1 EEG Strommengen, für die EEG-Umlage gezahlt werden muss, mit Messungen erfasst werden, die dem Eichrecht entsprechen. Weiterhin müssen Strommengen, für die unterschiedliche EEG-Umlagen-Sätze gelten, mit eichrechts­konformen Messungen voneinander abgegrenzt werden. In der Regel ergeben sich unterschiedliche Umlage-Sätze, wenn für den Eigenverbrauch durch die Besondere Ausgleichsregelung oder Eigenversorgung eine reduzierte EEG-Umlage gezahlt wer­den muss, während für den Fremdverbrauch die volle EEG-Umlage zu zahlen ist. Für die Beantragung der Besonderen Ausgleichsregelung gilt zudem, dass Eigen- und Fremdverbrauch selbst bei gleichem EEG-Umlage-Satz über eichrechtskonforme Messungen voneinander abgegrenzt werden müssen. Grundsätzlich muss daher immer eine Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch mit eichrechts­konformen Messungen erfolgen! Dies entspricht auch der bisherigen Sichtweise des BAFAs.

Definition Letztverbraucher

Um die erforderliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch umsetzen zu können, muss zunächst ermittelt werden, wer der tatsächliche Letztverbraucher der jeweiligen Strommenge ist. Nach der Gesetzesbegründung, die sich auf die lang­jährige Rechtsprechung und die Sichtweise der Bundesnetzagentur beruft, ergibt sich aus den folgenden Merkmalen, wer der Betreiber der elektrischen Verbrauchseinrich­tung und somit der Letztverbraucher ist:

  • Sachherrschaft über die elektrische Verbrauchseinrichtung
  • Eigenverantwortliche Bestimmung der Fahrweise der elektrischen Verbrauchseinrichtung
  • Tragen des wirtschaftlichen Risikos der elektrischen Verbrauchseinrichtung, insbesondere bei ihrem Ausfall (Problem zum Beispiel bei Leasing-/Miet-Geräten oder Betriebsführungsverträgen)

Wer diese Merkmale in sich vereint, ist Letztverbraucher des Stroms. Vereinen sich die Merkmale nicht eindeutig in einer Person, wird die Zuordnung des Strom­verbrauchs risikobehaftet. Bedacht werden müssen dabei auch elektrische Ver­brauchseinrichtungen, auf die die eigenen Mitarbeiter und Dritte zugreifen können (zum Beispiel frei zugängliche Bedieneinrichtungen für Beleuchtung, Klimaanlagen, etc.). Im Zweifel sollte eher von einem Fremd- als einem Eigenverbrauch ausgegan­gen wer­den, um Risiken zu vermeiden.

Geringfüge Verbräuche Dritter (Bagatellverbräuche)

Nach dem neuen § 62a EEG sind Fremdverbräuche als Eigenverbrauch anzusehen, wenn sie

  1. geringfügig sind,
  2. üblicherweise und im konkreten Fall nicht gesondert abgerechnet werden und
  3. verbraucht werden in den Räumlichkeiten, auf dem Grundstück oder dem Betriebsgelände des Letztverbrauchers und im Fall einer gewerblichen Nut­zung zur Erbringung einer Leistung der anderen Person gegenüber dem Letztverbraucher oder des Letztverbrauchers gegenüber der anderen Person.

Während die beiden letzten Punkte relativ eindeutig sind, handelt es sich bei dem ersten Punkt („geringfügig“) um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Gesetzes­begründung nennt als Beispiele „Stromverbrauch von Gästen, Passagieren, externen auf Werkvertragsbasis beschäftigten Reinigungsdiensten oder Handwerkern“. Weiter­hin heißt es, dass „der Jahresverbrauch eines gewöhnlichen Haushaltskunden im Regelfall aber keinen Bagatellverbrauch mehr darstell[t].“ Hierzu soll es mündliche Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums geben, nachdem von einem kleinen Haushaltskunden (ca. 2.000 kWh/a) auszugehen ist. Als weiteres Merkmal für einen geringfügigen Stromverbrauch sieht die Gesetzesbegründung die Dauer des Ver­brauchs: Bei „einer Untervermietung über einen Zeitraum von mehr als einem Monat“ soll kein geringfügiger Verbrauch mehr vorliegen. Bei den Merkmalen Strommenge und Dauer dürfte auf das gesamte Fremdunternehmen abzustellen sein, nicht auf den einzelnen Mitarbeiter des Fremdunternehmens.

Generell muss hier beachtet werden, dass es sich um eine Ausnahmeregelung han­delt und daher eine enge Auslegung erforderlich ist. 

Soweit es sich um einen geringfügigen Fremdverbrauch nach § 62a EEG handelt, ist keine Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch erforderlich.

Besonderheiten bei der Eigenversorgung

Wie schon nach der bisherigen Gesetzeslage muss auch weiterhin bei der Eigenver­sorgung eine ¼ h-scharfe Betrachtung der selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strommengen erfolgen. Zur Erleichterung wird laut der Gesetzesbegründung jetzt auch die gewillkürte Nachrangregelung anerkannt. Danach reicht die Erfassung von Fremdverbräuchen über einen eichrechtskonformen Arbeitszähler, wenn dieser Fremdverbrauch vorrangig der Eigenerzeugung zugerechnet wird.

Schätzmöglichkeiten

Sollte eine Abgrenzung über eichrechtskonforme Messungen „technisch unmöglich oder mit unvertretbarem Aufwand verbunden“ sein, darf eine Schätzung erfolgen. Die Voraussetzungen dürften nur in wenigen Ausnahmefällen erfüllt sein, da der Gesetz­geber für den vertretbaren Aufwand die einmaligen Kosten einer einzubauenden Mes­sung mit der möglichen Einsparung über viele Jahre vergleicht.

Sollte eine Schätzung zulässig sein, erfolgt diese nach der Idealvorstellung des Gesetzgebers in dem die elektrische Leistung jedes einzelnen Stromverbrauchs­gerätes mit der Jahresstundenzahl (8.760 h) multipliziert wird (Worst-Case-Betrachtung). Der Maßstab ist laut dem Gesetz, dass die „Schätzung [..] in sach­gerechter und in einer für einen nicht sachverständigen Dritten jederzeit nachvoll­ziehbaren und nachprüfbaren Weise zu erfolgen“ hat. Zudem müssen im Rahmen der Endabrechnung der EEG-Umlage sehr detaillierte Angaben zu der Schätzung gemacht werden, die vom Wirtschaftsprüfer bestätigt werden müssen.

Übergangsregelungen

  • Für Stromverbräuche in den Jahren 2018 und 2019 darf auch ohne Begrün­dung eine Schätzung der Strommengen erfolgen. Dies gilt bei der Beantra­gung der Besonderen Ausgleichsregelung auch für das Jahr 2017. Bei der Endabrechnung für das Jahr 2019 darf dies jedoch nur erfolgen, wenn mit der Endabrechnung dargelegt wird, wie seit dem 01. Januar 2020 eine gesetzes­konforme Abgren­zung erfolgt. Dabei darf der Übertragungsnetzbetreiber ver­langen, dass dies durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigt wird.
  • Bei Zahlungsansprüchen für Stromverbräuche vor dem 01. Januar 2018 kann die Zahlung verweigert werden, soweit 
    • der Anspruch aus einer fehlenden Abgrenzung durch eichrechts­konforme Messeinrichtungen resultiert,
    • die Abgrenzung entsprechend der gesetzlichen Regelungen zu Schätzungen nachgeholt wurde,
    • die EEG-Umlage für die geschätzten Strommengen nachgezahlt wur­de und
    • ab dem 01. Januar 2020 eine gesetzeskonforme Abgrenzung erfolgt.
  • Für die Antragstellung zur Besonderen Ausgleichsregelung wird unwider­legbar vermutet, dass die bisherigen Angaben zum Eigenverbrauch in den Jahren 2014 bis 2016 korrekt sind, soweit diese vom BAFA geprüft und akzeptiert wurden.

Folgen einer nicht-gesetzeskonformen Abgrenzung

Zu den Folgen einer nicht-gesetzeskonformen Abgrenzung führt die Gesetzesbegrün­dung folgendes aus: „Werden Strommengen, die einer EEG-Umlagepflicht in unter­schiedlichen Höhen unterliegen, […] nicht durch mess- und eichrechtskonforme Mes­seinrichtungen voneinander abgegrenzt, führt dies […] dazu, dass auf die gesamten unabgegrenzten Strommengen der für diese Strommengen geltende höchste EEG-Umlagesatz zu zahlen ist, da insoweit der Nachweis anteilig privilegierter Strom­mengen nicht gelingt.“

Wirkung der Gesetzesänderung für weitere Umlagen

Durch entsprechende Gesetzesänderungen sind die neuen Regelungen zur Abgren­zung des Fremdverbrauchs auch bei der KWKG-, § 19 StromNEV- und Offshore-Netz-Umlage anzuwenden. Daher ist auch an Abnahmestellen, an denen keine Eigen­versorgung erfolgt oder die nicht in der Besonderes Ausgleichsregelung sind, eine eichrechtskonforme Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch erforderlich, wenn eine Reduzierung der genannten Umlagen erfolgen soll. Ab 2019 ist jedoch ohne die Besondere Ausgleichsregelung nur noch eine Reduzierung der § 19 Strom­NEV-Umlage möglich.

Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Strommengen, 

  • für die EEG-Umlage zu zahlen ist,
  • die unterschiedlichen EEG-Umlage-Sätzen unterliegen oder
  • die als Eigenverbrauch bei der Antragstellung zur Besonde­ren Ausgleichs­regelung verwendet werden,

müssen grundsätzlich mit eichrechts­konformen Messungen erfasst bzw. abgegrenzt werden. Soweit von diesem Grund­satz Abweichungen möglich sind, müssen diese eng ausgelegt werden. Aufgrund des Risikos bei einer nicht-gesetzeskonformen Abgrenzung müssen alle Stromverbräuche auf eine gesetzeskonforme Abgrenzung untersucht werden und das bestehende Messkonzept gegebenenfalls angepasst wer­den. Zur Risikobegrenzung sollte über den strategischen Einbau von eichrechtskon­formen Zwischenmessungen nach­gedacht werden, um bei einem versehentlich nicht erfassten Fremdverbrauch den Schaden begrenzen zu können. Zudem sollte bei jedem neuen Dritten, der eine Tätig­keit auf dem Betriebsgelände aufnimmt, bzw. bei Änderungen bei vorhan­denen Dritten, automatisch eine Prüfung erfolgen, ob Maß­nahmen ergriffen werden müssen.

Für den laufenden Antrag auf Besondere Ausgleichsregelung muss umgehend geprüft werden, ob in dem Antrag bereits für das Jahr 2017 alle Fremdverbräuche entspre­chend der Neuregelung abgegrenzt wurden. 

Für die Übergangszeit (2018 & 2019), bis eine gesetzeskonforme Abgrenzung vor­liegt, sollte frühzeitig eine Schätzung nach den gesetzlichen Anforderungen für die bisher nicht-eichrechtskonform gemessenen Fremdverbräuche vorbereitet werden.

Die Schätzung sollte gegebenenfalls auch für die Jahre vor 2018 vorbereitet werden, damit bei einer entsprechenden Aufforderung diese fristgerecht vorgelegt werden kann. Für das Zahlungsverweigerungsrecht für die Jahre vor 2018 ist konstitutiv, dass ab dem 01. Januar 2020 eine gesetzeskonforme Abgrenzung erfolgt.

Schlussbemerkung

Bei dieser Zusammenfassung handelt es sich nur um einen ersten Überblick zu einem um­fangreichen und komplexen Thema, dass in jedem Fall individuell betrachtet werden muss. Sie ist daher weder vollständig noch abschließend. 

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